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Wie die Nazis einfach Erinnerungen stahlen

Container neben Laaspher Bahnhof lädt bis zum Monatsende zur Ausstellung „#StolenMemory“ ein

Bad Laasphe. Man könnte es Diebes- oder Raubgut nennen, aber die Nazis nannten es Effekten: persönliche Gegenstände, die sie während des Zweiten Weltkriegs Häftlingen bei deren Ankunft in Gefängnissen und Konzentrationslagern abnahmen: Brieftaschen, Ausweispapiere, Fotos, Schreiben, Urkunden, Modeschmuck, Zigarettenetuis, Eheringe, Füllfederhalter, Taschen- und Armbanduhren. Wenn die Freilassung der Gefangenen nach den Maßstäben der damaligen rechtmäßig stattfand, erhielten die Menschen diese Dinge teilweise wieder zurück. Doch Vieles blieb im Besitz der Nazis. Einige Tausend dieser Gegenstände aus KZs werden noch verwahrt – und die Arolsen Archives suchen die Familien der Opfer und geben diese Erinnerungsstücke zurück.

Margit Haars als stellvertretende Vorsitzende des Freundeskreises für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Bad Laasphe und Bürgermeister Dirk Terlinden eröffneten die Ausstellung neben dem Bahnhof vor Schülerinnen und Schülern des örtlichen Städtischen Gymnasiums.

Aus diesem Grund steht seit der vergangenen Woche neben dem Bahnhof in Bad Laasphe ein 6 mal 2,50 mal 2 Meter großer Container mit der Aufschrift „#StolenMemory“, denn darum geht es: um gestohlene Erinnerungen aus der Nazi-Zeit. Noch bis einschließlich Mittwoch, 28. Oktober, ist der viereinhalb Tonnen schwere Container täglich von 8.30 bis 19 Uhr geöffnet, dabei verfünffacht sich die Breite locker. Und im Inneren gibt es neben allgemeinen Informationen zum Thema auch zahlreiche Lebensgeschichten, derer sich man anhand von QR-Codes sehr detailliert erinnern kann.

Es geht um Braulia Cánovas Mulero und ihre Armbanduhr, um Peter Will und seine Fotografien, um Daniel Schwarz und seine Taschenuhr, um Neonella Doboitschina und ihre Halskette mit einem Kreuz daran, um Wiesława Brzyś und ihren Armschmuck. Wobei der mittlerweile seinen Weg zurück in die Familie der Frau gefunden hat. Auch wenn das – anders als auf anderen Ausstellungs-Plakaten – aktuell noch nicht verzeichnet ist. Die wahren Effekten-Besitzer oder deren Nachfahren zu finden, das ist eine Zielsetzung dieser außergewöhnlichen Ausstellung. Die andere: Leid und Unrecht der Nazi-Diktatur für Menschen heute ganz praktisch begreiflich und nachfühlbar zu machen.

Geschichtslehrerin Christina Kaiser ließ ihre Schülerinnen und Schüler die Ausstellung „#StolenMemory“ neben dem Bahnhof in Bad Laasphe einem Praxis-Test unterziehen.
Selbstständig gestalteten die Schülerinnen und Schüler ihre Geschichtsstunde und folgten mit dem Handy Lebensgeschichten aus der Nazi-Zeit.

Sofort nachdem Margit Haars als stellvertretende Vorsitzende des Freundeskreises für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Bad Laasphe und Bürgermeister Dirk Terlinden die Ausstellung jetzt eröffnet hatten, unterzogen Geschichtslehrerin Christina Kaiser sowie Zehntklässlerinnen und Zehntklässler des Städtischen Gymnasiums Bad Laasphe die Ausstellung ihrem Praxis-Test. Mit dem Aufgabenzettel in der einen Hand scannten sie mit ihrem Handy in der anderen die verschiedenen QR-Codes und traten eine Zeitreise an. Christina Kaiser verstand den Besuch im Container als einen Startpunkt, auch nach den Herbstferien wird der Besuch nochmal in der Schule thematisiert. Aber in der Zwischenzeit sind bis 28. Oktober alle Interessierten aller Altersgruppen tagsüber herzlich willkommen beim Container der Arolsen Archives direkt neben dem Laaspher Bahnhof, was ja auch für Schulgruppen aus dem benachbarten Hessen interessant sein könnte.

Text und Fotos: Jens Gesper

die Rede zur Ausstellungs-Eröffnung von Margit Haars

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