Heimat-Ministerin Ina Scharrenbach überreichte in Bad Laasphe einen NRW-Förderbescheid
Bad Laasphe. „Geschichte hat die unaufmerksamsten Schüler“ – das stellte Ina Scharrenbach am Mittwochabend im ehemaligen jüdischen Gebetstraum an der Mauerstraße in Bad Laasphe kurz und bündig fest. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen hatte einen Förderbescheid über 693.324 Euro für den örtlichen Freundeskreis für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit dabei. Ihr Satz über Geschichte und Schüler war die eine Hälfte ihrer Begründung, weshalb diese finanzielle Unterstützung für das Projekt „Alte Synagoge“ im Rahmen des nordrhein-westfälischen Förderprogramms „Heimat-Zeugnis“ richtig sei. Auch die andere Hälfte brachte sie einleuchtend und knapp auf den Punkt: Ein Mensch sei ein Mensch und bleibe ein Mensch – deshalb sei es wichtig, dass man sich erinnere. Und deshalb dankte die Heimat-Ministerin dem Christlich-Jüdischen Freundeskreis für sein Engagement.
Erinnern soll man sich in dem ehemaligen Bethaus künftig an das Leben in der jüdischen Gemeinde und das Miteinander der Menschen hier vor Ort, wie Jochen Menn als Freundeskreis-Vorsitzender erläuterte: „Das Gebäude ist von 1721 bis 1938 als Synagoge genutzt worden. In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 ist es im Inneren von Laaspher Bürgern zerstört worden. Dieses Ereignis war der Anfang vom Ende jüdischen Lebens in Laasphe.“ Nachdem schon zuvor Laaspher Jüdinnen und Juden vor den Nazis aus ihrer Heimatstadt fliehen mussten, wurden ab 1942 dann 75 von ihnen deportiert. Ihr Gotteshaus war schon ab 1939 als Schlosserei genutzt worden.

Nachdem sich der Freundeskreis lange vergeblich um den Kauf der Alten Synagoge bemüht hatte, zeichnete sich in 2018 erstmals die Möglichkeit dafür ab. In den Jahren seitdem machte sich der Freundeskreis Gedanken, wie die Alte Synagoge ihrer ehemaligen Berufung angemessen mit einer Zukunftsvision zu nutzen sei. Und wie man das finanzieren könnte. Die Heimat-Zeugnis-Förderzusage aus Düsseldorf setzte nach Jochen Menns Gefühl einen Domino-Effekt in Gang: „Als Nächstes engagierte sich die NRW-Stiftung mit 150.000 Euro, es folgte die Zusage über 330.000 Euro von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Der Kreis Siegen-Wittgenstein und die Stadt Bad Laasphe haben jeweils 100.000 Euro beigesteuert. Schließlich brachte der Verein 100.000 Euro auf, die aus vielen kleinen und größeren Spenden stammten.“ Insgesamt erfuhr der kleine eingetragene Verein in seinem großen ehrenamtlichen Tun viel Unterstützung aus den unterschiedlichsten Richtungen.
So waren außer der Ministerin, aktuellen und früheren Freundeskreis-Vorstandsmitgliedern, Otto Düsberg als ursprünglichem Impulsgeber für die Freundeskreis-Gründung und den Alten-Synagogen-Kauf auch Bürgermeister Dirk Terlinden, Manuela Manske als Rathaus-Abteilungsleiterin „Bauverwaltung“, der örtliche Denkmalbeauftragte Wolfgang Zoche, der für Sicherheit und Ordnung zuständige Laaspher Fachdienstleiter Jörn Hoffmann, die Vorsitzenden der fünf Stadtrat-Fraktionen und weitere Unterstützer inklusive der Landtags-Abgeordneten Anke Fuchs-Dreisbach in der Alten Synagoge.
Außerdem vor Ort: Architekt Christian Welter. Er sprach nicht nur über die zeitliche Perspektive: Der Freundeskreis muss das Geld innerhalb seiner Projektplanung bis spätestens Ende 2027 ausgeben, derzeit wird angepeilt, das Bauprojekt schon bis Ende 2026 abzuschließen. Das Konzept für alle Planungen umriss der Architekt an diesem Abend folgendermaßen: „Dieser künstlerische Umgang geht über die gängige Denkmal-Erhaltung des rein materiellen Bewahrens hinaus und bringt das Bauwerk selber zum Erzählen.“ Denn genau darum geht es. Dabei soll die Alte Synagoge nicht nur ein Ort des Erinnerns, sondern ausdrücklich auch ein Ort der Begegnung und des Lernens werden. Und das ist gut so. Bereits bestehende Kooperationen mit Schulen, etwa beim Pogrom-Gedenken, sollen vertieft und ausgebaut werden, neue sollen dazu kommen. Schließlich ist es ist kein Naturgesetz, dass Geschichte die unaufmerksamsten Schüler hat.
Text und Fotos: Jens Gesper
die Ausführungen von Jochen Menn gibt es hier
die Ausführungen von Christian Welter gibt es hier