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Wenn Geschichte ein Gesicht bekommt

Erndtebrücker Realschülerinnen und Realschüler waren auf jüdischen Spuren in Bad Laasphe unterwegs

Bad Laasphe/Erndtebrück. Der Besuch in einem ehemaligen Konzentrationslager in Buchenwald oder Dachau gehört für Zehntklässlerinnen und Zehntklässler der Erndtebrücker Realschule schon lange zum Schulprogramm, regelmäßig gestalten Klassen auch die Pogrom-Gedenkveranstaltung in der Wittgensteiner Edergemeinde. Und zum ersten Mal machten sich jetzt drei Dutzend Jugendliche der Abschlussklassen gemeinsam mit Schulleiterin Darjana Sorg und Lehrerin Miriam Nöh auf den Weg nach Bad Laasphe. Dort soll nach den Plänen des örtlichen Freundeskreises für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit aus der ehemaligen Synagoge in den kommenden zweieinhalb Jahren ein Lern-, Erinnerungs- und Begegnungsort werden. Begrüßt wurden die Gäste hier von Jochen Menn, dem aktuellen Freundeskreis-Vorsitzenden, und dessen Amtsvorgänger Rainer Becker.

In zwei Gruppen begaben sich die Jugendlichen mit ihren Lehrerinnen und den beiden Laasphern für zwei Stunden auf die Spuren des jüdischen Lebens in der Lahnstadt. Dabei war Rainer Becker mit den Realschülerinnen und Realschülern sowie Miriam Nöh zunächst in der Stadt unterwegs, während Jochen Menn mit der zweiten Gruppe und Darjana Sorg in der Alten Synagoge an der Laaspher Mauerstraße sprach. Pi mal Daumen nahmen beide Programmpunkte die gleiche Zeit ein, ungefähr in der Halbzeit trafen sich die beiden Gruppen zum Wechsel vor der Alten Synagoge.

Jochen Menn präsentiertet den Realschülerinnen und Realschülern aus Erndtebrück vor und in der Alten Synagoge an der Laaspher Mauerstraße einen Einblick in die Vergangenheit und in die Zukunft des Gebäudes, das ein Lern-, Erinnerungs- und Begegnungsort werden soll.
Gemeinsam mit Jochen Menn studierten die Realschülerinnen und Realschüler aus Erndtebrück das Faltblatt des Christlich-Jüdischen Freundeskreises Bad Laasphe zur Alten Synagoge an der örtlichen Mauerstraße.

Jochen Menn stellte den Jugendlichen in der Alten Synagoge die Geschichte der früher sehr lebendigen Jüdischen Gemeinde in Laasphe vor, die gemessen an der Größe des Ortes für Deutschland überdurchschnittlich groß war – und gut integriert. Eingebettet in die größere deutsche Geschichte hörten die jungen Leute von der blühenden Vergangenheit des Gebäudes, von dessen Zwischenzeit als Schlosserei und von den Zukunfts-Planungen für den künftigen Lern-, Erinnerungs- und Begegnungsort, der hier nun entstehen soll.

Beim Rundgang mit Rainer Becker erfuhren die Realschülerinnen und Realschüler aus Erndtebrück mehr über die Laaspher Menschen hinter den allgemeinen Fakten und Zahlen des Holocausts. Hier hält Rainer Becker ein Foto von Herbert Präger in Händen.

Währenddessen brachte Rainer Becker seinen Zuhörenden die Lebensgeschichten einiger jüdischen Laaspherinnen und Laasphern näher. Dabei ging es auch um die Familie Präger. Max Präger, der im Ersten Weltkrieg noch für Deutschland an der Front gekämpft hatte, war der letzte Vorsteher der Jüdischen Gemeinde in Laasphe und wurde in Auschwitz ermordet. Sein Sohn Herbert überlebte das Konzentrationslager und wurde später zu einem Freund von Rainer Becker, so dass dieser jetzt den Schülerinnen und Schüler von sehr persönlichen Erinnerungen berichten konnte. Die zahlreichen Stolpersteine, die sich an unterschiedlichen Stellen in Bad Laasphe finden, boten dafür einen guten Treffpunkt. Und weil Rainer Becker auch Fotos von Herbert Präger hatte, bekamen die abstrakten, schrecklichen Details der deutschen Holocaust-Geschichte plötzlich ein Gesicht.

Stolpersteine bieten einen Anlass zum Innehalten…
… und zum genauer Hinschauen.

Dass es um Daten und Fakten, aber auch um viel Persönliches ging, das habe den Morgen sehr eindrücklich, sehr anschaulich gemacht, zog Darjana Sorg ein Fazit des Besuchs. Auch das Engagement von Rainer Becker und Jochen Menn sowie deren Begeisterung, mit den Jugendlichen über das schwierige Thema zu sprechen, habe ihr sehr gut gefallen. Und so werden die Erndtebrücker nach den Sommerferien nachdenken, wie der regelmäßige Besuch in Bad Laasphe künftig Eingang in das Schulprogramm findet.

weitere Impressionen vom Besuch

Text und Fotos: Jens Gesper

Spendenkonten

Da der Verein die alte Synagoge in der Mauerstraße 44 renovieren will, benötigt er finanzielle Unterstützung (Spendenquittungen werden erstellt).

DE42 4605 3480 0000 2002 87
Sparkasse Wittgenstein

DE16 5139 0000 0050 2129 04
Volksbanken Mittelhessen

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