Christlich-Jüdischer Freundeskreis und Residenz zeigen nun regelmäßig „Filme gegen das Vergessen“
Bad Laasphe. Im Mai jährt sich das europäische Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Das macht klar, wie alt Menschen inzwischen sind, die über das Grauen der Zeit vorher aus eigener Anschauung, aus eigenem Erleben berichten können. Die Zeitzeugen werden weniger, aber der Zivilisationsbruch der deutschen Nationalsozialisten, der Deutschland und ganz Europa ins Unglück stürzte, bleibt. Der akribisch vorbreitete und mit gewissenloser Korrektheit durchgeführte Völkermord an den Juden war Teil dieses Schreckens. Langjährige Nachbarn wurden einfach per Gesetz zu Feinden erklärt.
Wie sich dieses Leben damals anfühlte, das konnten jetzt rund 80 Besucherinnen und Besucher in Bad Laasphe erfahren. Am Holocaust-Gedenktag hatten der örtliche Freundeskreis für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und das Residenzkino zur Dokumentation „Kreis der Wahrheit“ eingeladen. Im Film ging es um die Lebensgeschichte der Schwestern Helga Feldner-Busztin und Elisabeth Scheiderbauer, die 1943 im Alter von sieben und vierzehn Jahren mit ihrer Mutter aus Wien nach Theresienstadt deportiert wurden. Ausgiebig kamen die beiden, inzwischen betagten Frauen zu Wort. Sie berichteten eindrucksvoll, wie zunächst der evangelische Opa eine schützende Hand über sie halten konnte und wie grausam und grauenvoll dann aber das Leben im Lager war.
Die Erinnerungen der Schwestern wurden in der Dokumentation in künstlerischen Film-Szenen bedacht, erklärt und teilweise sogar für die Gegenwart übersetzt. In der Bandbreite von Iris Berben bis Konstantin Wecker gab es auch Platz für einen Bildhauer und einen Graffiti-Künstler, für eine Choreographin und eine Gitarren-Virtuosin. So entstand ein Gesamtkunstwerk, das keine Schuldigen suchte, sondern unaufgeregt an das Verantwortungsgefühl der Zuschauenden appellierte, damit solch ein Menschheitsverbrechen nie wieder passieren kann. Nirgendwo auf der Welt.
Gemeinsame Film-Vorführungen von Kino und Freundeskreis am Holocaust-Gedenktag haben inzwischen eine längere Tradition in Bad Laasphe. Diesmal konnte der Christlich-Jüdische Freundeskreis das Ganze finanziell unterstützen, als Teil des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit bekommen die Wittgensteiner für solche Aktionen Fördermittel aus der Düsseldorfer Staatskanzlei. In Verbindung mit der Vorstellung jetzt, besprachen Jochen Menn als Freundeskreis-Vorsitzender und Kai Winterhoff, Geschäftsführer des Residenzkinos, eine weitere Kooperation. Einmal im Quartal sollen nun „Filme gegen das Vergessen“ gezeigt werden, die sich mit den Geschehnissen im Zweiten Weltkrieg oder mit einem übersteigerten Nationalismus beschäftigen, der keine wirklichen Problemlösungen liefert, sondern sich lediglich Sündenböcke ausdenkt und Gräben zwischen verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft aushebt.
Es sei nötig, an das zu erinnern, was sich vor 80, 90 Jahren in Deutschland zugetragen habe, erläuterte Kai Winterhoff sein Engagement. Gerade weil die Zeitzeugen immer weniger würden, es immer schwerer werde, sie live zu erleben, halte er es für wichtig, dass man die Menschen wenigstens in Filmen sehen könne. Das biete ihnen die Möglichkeit, über ihre persönlichen Erfahrungen in vergangenen Zeiten zu berichten. Hören und sehen, was passiert ist, das sei notwendig, um eine bessere Zukunft zu gestalten – gerade in der heutigen Zeit. Jochen Menn freute sich an dieser Stelle, wie unkompliziert die Kooperation mit Kai Winterhoff läuft. Der Freundeskreis-Vorsitzende konnte sich sogar vorstellen, dass man wieder versuche, für Dokumentarfilme die entsprechenden Regisseure nach Bad Laasphe einzuladen, um über Motivationen und Inhalte zu sprechen und zu diskutieren. Wie 2020, als am Auschwitz-Befreiungstag im Residenz der Film „Wir sind Juden aus Breslau“ in einer Abend- und tags drauf in einer Schul-Vorführung gezeigt wurde und Filmemacherin Karin Kaper danach gern Rede und Antwort stand. Gleiches geschah 2023, Regisseur Dirk Szuszies brachte damals seinen Film „Walter Kaufmann – welch ein Leben“ mit ins Laaspher Kino.
Text und Fotos: Jens Gesper