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Mit dem Blick zurück Kraft für eine bessere Zukunft finden

Erneut engagierten sich bei allen Wittgensteiner Pogrom-Gedenkveranstaltungen junge Menschen

Wittgenstein. Wie gewohnt erinnerten sich auch in diesem Jahr in allen drei Wittgensteiner Kommunen Menschen an die Geschehnisse des 9. November 1938, wie gewohnt gestalteten überall junge Menschen diese Gedenkstunden mit. Zuvor hatten sich die Kinder und Jugendlichen auf unterschiedliche Art im Schul-Unterricht ganz allgemein mit dem damaligen Nationalsozialismus in Deutschland beschäftigt, im Speziellen wurden dann in Bad Berleburg, in Bad Laasphe und in Erndtebrück laut und deutlich die Namen der Wittgensteinerinnen und Wittgensteiner verlesen, die damals auf Befehl der Nazis keine Nachbarinnen und Nachbarn mehr sein sollten.

Aufgrund der Schul-Beteiligung war der Auftakt in Erndtebrück bereits Freitagmorgen, also schon am 8. November. Möglicherweise wegen des ungewohnten Termins war die Beteiligung der Erwachsenen geringer als üblich. Und weil an der Realschule Elternsprechtag war, kam von dort nur ein halbes Dutzend Jugendlicher. Aber die drei Klassen des vierten Schuljahrs der Grundschule, die in diesem Jahr die Gestaltung der Gedenkstunde übernahmen, waren geschlossen vertreten. Mit ihren Klassenleitungen Franziska Blöcher, Wencke Petry und Daniel Schmidt hatten sie das Gedenken vorbereitet, das von Schulleiterin Antje Fey in der Evangelischen Kirche Erndtebrück eröffnet wurde. Im Beisein von Bürgermeister Henning Gronau und Kerstin Grünert, früher Gemeindepfarrerin vor Ort und jetzt Superintendentin des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein, erinnerten die Mädchen und Jungen mit einem Blick in die Vergangenheit an die Jüdinnen und Juden in Erndtebrück. Danach formulierten sie ein Versprechen für eine gute, gerechte Gegenwart und Zukunft, das sie einander gaben. Zum Abschluss gingen Alle zusammen zur Gedenktafel an der Bergstraße, wo die Namen der jüdischen Erndtebrückerinnen und Erndtebrücker verlesen und weiße Rosen für sie abgelegt wurden.

das Konzept der Erndtebrücker Gedenkveranstaltung gibt es hier

Die Mädchen und Jungen aus der örtlichen Grundschule erinnerten mit einem Blick in die Vergangenheit an die Jüdinnen und Juden in Erndtebrück.
Die Mädchen und Jungen aus der örtlichen Grundschule erinnerten mit einem Blick in die Vergangenheit an die Jüdinnen und Juden in Erndtebrück.
Die Mädchen und Jungen aus der örtlichen Grundschule erinnerten mit einem Blick in die Vergangenheit an die Jüdinnen und Juden in Erndtebrück.
Die Mädchen und Jungen aus der örtlichen Grundschule erinnerten mit einem Blick in die Vergangenheit an die Jüdinnen und Juden in Erndtebrück.
Die Viertklässlerinnen und Viertklässler der Erndtebrücker Grundschule gaben beim Pogrom-Gedenken ein Versprechen für ein gutes Zusammenleben, von dem sich die ganze Welt inspirieren lassen könnte.
Zum Abschluss gingen Alle zusammen zur Gedenktafel an der Bergstraße, wo die Namen der jüdischen Erndtebrückerinnen und Erndtebrücker verlesen und weiße Rosen für sie abgelegt wurden.
Die Erndtebrücker Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht endete bei der Gedenktafel an der Bergstraße, in diesem Jahr gestalteten die Viertklässlerinnen und Viertklässler der örtlichen Grundschule das Programm. (Fotos: Jens Gesper)

Auch in Bad Berleburg veränderte es die Abläufe, dass der 9. November in diesem Jahr auf einem Samstag lag. Statt abends lud der Arbeitskreis „Schule für Toleranz und Zivilcourage“ an der Berleburger Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule diesmal bereits morgens zum Pogrom-Gedenken beim Mahnmal, das am Berlebach an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Ute Bänfer hatte sich im Religionsunterricht von Neunt- und Zehntklässlern mit dem Judentum und dem Antisemitismus ganz allgemein beschäftigt, diese Themen dann aber nochmal ganz konkret am Beispiel der Berleburger Familie Gonsenhäuser auf Wittgenstein heruntergebrochen. Daraus ergab sich vor wenigen Wochen eine neuerliche Stolpersteinverlegung an der örtlichen Jacob-Nolde-Straße. Daran erinnerten vor 60 Zuhörenden, darunter auch Bürgermeister Bernd Fuhrmann, neben Ute Bänfer und Otto Marburger, der die Gedenkfeier-Ansprache hielt, auch die Hauptschülerinnen Enie Gersch, Alina Koob und Ina Limper. Ihre Mitschüler Paul Dienst, Misha Dusheiko, Lars Ostermann und David Salomon verlasen anschließend die Namen der ehemaligen jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn, die keine Berleburger mehr sein durften. Sowohl Ute Bänfer als auch Otto Marburger ermutigten dazu, dass es an diesem Tag nicht allein ums Erinnern gehe, sondern auch darum, für die Zukunft mutig aus den Geschehnissen der Reichspogromnacht 1938 zu lernen.

die Begrüßung von Ute Bänfer gibt es hier
die Ansprache von Otto Marburger gibt es hier

Rund 60 Besucherinnen und Besucher waren bei der Pogrom-Gedenkveranstaltung vor dem Mahnmal, das am Berlebach an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnert.
Rund 60 Besucherinnen und Besucher waren bei der Pogrom-Gedenkveranstaltung vor dem Mahnmal, das am Berlebach an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnert.
Paul Dienst, Misha Dusheiko, Enie Gersch, Alina Koob, Ina Limper, Lars Ostermann und David Salomon aus der Berleburger Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule engagierten sich bei der Pogrom-Gedenkveranstaltung am Berlebach.
Bürgermeister Bernd Fuhrmann freute sich über das Engagement der Jugendlichen von der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule im Rahmen der Pogrom-Gedenk-Veranstaltung beim Mahnmal am Berlebach.
Wie in Erndtebrück wurden auch in Bad Berleburg die Namen der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger verlesen und weiße Rosen für sie abgelegt.
Bürgermeister Bernd Fuhrmann freute sich auch bei Ute Bänfer (links) und Schulleiterin Christina Feige-Meyer über das Engagement der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule im Rahmen der Pogrom-Gedenk-Veranstaltung beim Mahnmal am Berlebach.
Wenige Wochen nach der Stolperstein-Verlegung an der Jacob-Nolde-Straße gestalteten jetzt erneut Zehntklässler und Zehntklässlerinnen der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule mit ihrer Religionslehrerin Ute Bänfer sowie Otto Marburger die Pogrom-Gedenk-Veranstaltung beim Mahnmal am Berlebach. (Fotos: Jens Gesper)

Am Abend des 9. November waren es rund 140 Besucherinnen und Besucher, die sich zur Gedenkstunde im Haus des Gastes Bad Laasphe versammelten. Auch hier findet die Veranstaltung traditionell in Verbindung mit örtlichen Schulen statt. In diesem Jahr waren die beiden Q2-Zusatzkurse Geschichte des Städtischen Gymnasiums Kooperationspartner. Die Lehrerinnen Christina Kaiser und Marie Schäfer kamen mit ihren Schülerinnen und Schülern ins Haus des Gastes. Nele Rehrmann, Mia Wamich und Ina Wickel übernahmen das Verlesen der Namen von Laasphern, die als Juden, Sinti, Roma oder mit anderen Begründungen nicht mehr zur Nazi-Volksgemeinschaft gehören durften. Insgesamt 86 Teelichter brannten am Anfang für sie auf der Bühne. Am Ende waren es nur noch vier, denn 82 Menschen – vom Kleinkind bis zum hochbetagten Senior – hatten den Nazi-Terror nicht überlebt. Ganz anschaulich wurden 82 Kerzen zum Verlöschen gebracht, Ferdinand Nicklaus und Carl Vomhof kam diese schwierige Aufgabe zu. In diesem Jahr wurde in Bad Laasphe auch an die Banfer Familie Burg erinnert, fünf von ihnen wurden ermordet, auch wenn es für sie – anders als in der Laaspher Kernstadt – keine Stolperstein gibt. Das schwer erträgliche Bild von vier verloren brennenden Kerzen in einem Meer von 86 Teelichtern machte erneut den Verlust deutlich, den die Nazis auch Laasphe zufügten. Aus diesem Grund muss man aus der Vergangenheit lernen. Deshalb waren für die Zukunft die übrigen Analysen und Ermutigungen des Abends wichtig. Jochen Menn als Vorsitzender des örtlichen Freundeskreises für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die stellvertretende Laaspher Bürgermeisterin Margot Leukel und der Biedenkopfer Stefan Vomhof, Referent des Abends und Autor des Buches „Es ist alles auch hier passiert: Zur Geschichte des Nationalsozialismus in unserer Region mit Schwerpunkt Hinterland und Wittgenstein“, sahen den neuerlich aufkeimenden Antisemitismus und eine populistisch unterfütterte Menschenfeindlichkeit. Und doch waren sie sicher, dass Jede und Jeder dem etwas entgegensetzen kann. Ganz wichtig ist das Erinnern, das Lernen, die Begegnung – dabei komme der Alten Synagoge an der Laaspher Mauerstraße, die ein moderner Erinnerungs-, Lern- und Begegnungsort werden soll, eine entscheidende Aufgabe zu.

die Begrüßung von Jochen Menn gibt es hier
das Grußwort von Margot Leukel gibt es hier
den Vortrag von Stefan Vomhof gibt es hier

Freudig überrascht konnte Jochen Menn als Laaspher Freundeskreis-Vorsitzender zwei Gäste mit einer etwas weiteren Anreise begrüßen: Heiner Giebeler, Vorstandsmitglied der Siegerländer Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (links), und Yoni Scherzer (Mitte) aus Emek Hefer, dem israelischen Partnerkreis des Landkreises Siegen-Wittgenstein.
Die stellvertretende Laaspher Bürgermeisterin Margot Leukel zitierte beim Pogrom-Gedenken im Haus des Gast Margot Friedländer: „Respektiert Menschen, seid Menschen ‒ wenn man Mensch ist, kann man seine Hand nicht gegen andere erheben.“
Für die musikalische Gestaltung der Pogrom-Gedenkveranstaltung im Laaspher Haus des Gastes waren Harald Schmidt und Silke Wege zuständig.
Der Biedenkopfer Stefan Vomhof, Autor des Buches „Es ist alles auch hier passiert: Zur Geschichte des Nationalsozialismus in unserer Region mit Schwerpunkt Hinterland und Wittgenstein“, sagte an diesem auch: „Deshalb setze ich für die Erinnerungskultur große Hoffnung auf das Synagogenprojekt hier in Laasphe.“
140 Besucherinnen und Besucher waren bei der Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht am 9. November im Laaspher des Gastes.
Am Ende brannten von den 86 Teelichtern auf der Bühne im Laaspher Haus des Gastes nur noch vier: 82 Menschen aus Laasphe überlebten den Nazi-Terror nicht.
Yoni Scherzer (rechts), der im israelischen Emek Hefer jahrelang für den Jugend-Austausch mit Siegen-Wittgenstein zuständig war, war überraschend bei der Veranstaltung in Bad Laasphe und bedankte sich bei Pfarrer Steffen Post (links), dass dieser das Kaddisch der Trauernden gesprochen hatte.
Bei der Pogrom-Gedenkveranstaltung im Haus des Gastes wurde das Buch „Es ist alles auch hier passiert“ von Stefan Vomhof verkauft. Insgesamt kamen dadurch an diesem Abend 485 Euro für das Projekt „Alte Synagoge“ in Bad Laasphe zusammen.
Neben Stefan Vomhof, Margot Leukel, Jochen Menn, Pfarrer Steffen Post, der das Kaddisch der Trauernden auf Aramäisch und Deutsch sprach, den Musikern Harald Schmidt und Silke Wege gestalteten Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums mit ihren Lehrerinnen die Pogrom-Gedenkstunde im Laaspher Haus des Gastes. (Fotos: Jens Gesper)

Impressionen vom Pogrom-Gedenken in Siegen am 10. November

einen Bericht dazu gibt es hier

Spendenkonten

Da der Verein die alte Synagoge in der Mauerstraße 44 renovieren will, benötigt er finanzielle Unterstützung (Spendenquittungen werden erstellt).

DE42 4605 3480 0000 2002 87
Sparkasse Wittgenstein

DE16 5139 0000 0050 2129 04
Volksbanken Mittelhessen

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