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Familien Elsoffer

Sie trugen den Namen des Dorfes

Die Familie Levi Elsoffer
(Hausnamen „Lebs, Schmuls“)

Levi Elsoffer ist bereits 1827 in diesem Haus wohnhaft. Vermutlich ist er sogar der Erstbesitzer. Ein 10jähriger Hausbesitz war erforderlich, um das Anwesen im Jahre 1837 als im Grundbuch eingetragener Eigentümer erwerben zu können. Der Hausname „Lebs“ ist von Levi abgeleitet. Da bisher keine Balkeninschriften ermittelt werden konnten, kann über das Alter des Gebäudes nichts Konkretes gesagt werden. Lediglich ein Davidstern ist links neben der Haustür im ersten Geschossbalken zu entdecken. Im Jahre 1838 hatte Levi 7 Kinder mit den Namen Beilchen, Malchen, Hannchen, Samuel, Roeschen, Wolf und Abraham Elsoffer. Diese sieben Kinder wurden im selben Jahr seine Erben.

Die Nachfahren des Levi Elsoffer wohnten seit 1827 in “Schmuls-Haus” in Elsoff. Es war bis 1943 im Besitz der Familie. Heute Nordstraße 1.

Sein Sohn Wolf Elsoffer hat Rosa Spier (20.8.1827-11.2.1892) aus Höringhausen (heute Stadtteil von Waldeck) geheiratet und das Haus am 28.12.1845 erworben. Rosa´s Eltern waren Nathan Spier und Fanny, geb. Katzenstein. Wolf Elsoffer muss vor 1887 verstorben sein. Rosa vererbte das Haus als Witwe an ihren 39-jährigen Sohn Nathan ELsoffer im Jahre 1889. Nathan war von Beruf Schochet und im Dorf oft in traditioneller Kleidung (mit Kaftan) unterwegs. Wenn es in jener Zeit einen streng-gläubigen Juden im Dorf gegeben hat, dann war er es. Neben seiner Tätigkeit als Metzger für Kleinvieh (Kälber, Schafe, Ziegen, Geflügel) war er auch als Viehhändler tätig. Seine erste Frau Bertha Feldheim verstarb im Alter von 28 Jahren bei der Geburt ihrer ersten Tochter, die ebenfalls den Namen Bertha erhielt. Aus Nathans 2. Ehe (geschlossen am 3.7.1895 in Bielefeld mit Bertha Leiser) ging am 6.6.1897 die Tochter Renate Elsoffer hervor. Renate besuchte ab 1903 bereits die Evangelische Volksschule in Elsoff, da die jüdische Schule im Dorf wegen zu geringer Schülerzahl nicht mehr aufrecht erhalten wurde. Nach der Schulzeit half sie ihrem Vater bei der Vermarktung des koscheren Fleisches, oft unter Einsatz eines Fahrrades. Anfang der 1920er Jahre heiratete sie einen Mann Namens Löwenstein, der sie kurz nach der Geburt ihrer Tochter Edith Löwenstein (1924) verlassen hat. Renate war also eine allein erziehende Mutter.

Der Ausschnitt aus dem Klassenfoto von 1910 zeigt Renate Elsoffer (hinten stehend) mit zwei Klassenkameradinnen
Edith Löwenstein (rechts) 1936 im Alter von 12 Jahren mit einer Mitschülerin der Ev. Volksschule Elsoff auf dem letzten gemeinsamen Klassenfoto.

Ihre Tochter Edith besuchte ab 1930 die Volksschule in Elsoff. Sie war in jener Zeit das einzige jüdische Schulkind im Dorf. Als Hitler 1933 an die Macht kam, war sie 8 Jahre alt, ihre Mutter Renate 36. Eines der letzten in Elsoff aufgenommenen Fotos aus dem Jahr 1936 zeigt Edith (am rechten Bildrand) mit ihren Mitschülern aus der Volksschule Elsoff. In der Kreisstadt Berleburg konnte angeblich „deutschen Lehrern nicht mehr zugemutet werden, jüdische Schüler zu unterrichten“. Auch an Klassenausflügen durfte sie nicht mehr teilnehmen. Im Dorf wurde erzählt, „sie sei dann auf ein Internat im Rheinland gekommenen“. Ihre Deportation in das Ghetto Theresienstadt erfolgte am 29. Juli 1942 ab Dortmund. Sie starb am 6.2.1944 im Alter von 19 Jahren in Theresienstadt.
Ihre Mutter Renate, die am 8.5.1942 noch einmal geheiratet hatte, wurde in Theresienstadt von ihrer Tochter getrennt und am 19. Oktober 1944 im Alter von 47 Jahren im Vernichtungslager Ausschwitz ermordet.

Die Familie Samuel Elsoffer
(Hausname “Vetters”)

Der jüdische Handelsmann Samuel Esoffer zu Elsoff erwirbt das Haus und ein Grundstück am 14.11.1867.
Von der ehemaligen Zehntscheune der Laaspher Grafen ist heute nur noch wenig vorhanden. An das traufenständige Haus (Bild unten) schloss sich rechts im Hintergrund ein giebelständiges Gebäude an. Darin waren der Betraum und die Jüdische Schule Elsoff untergebracht. Hinter dem Haus befand sich eine Brunnenanlage. Unweit dieser Gebäude hatten die jüdischen Bewohner im 19. Jahrhundert auch eine Kegelbahn und einen Schießstand eingerichtet (am Rain unter dem Reitelsberg).

Das giebelständige Gebäude im Hintergrund rechts war die Elsoffer Jüdische Schule. Hier war auch ein Betraum untergebracht. Im Vordergrund der rechte Teil des ehemaligen Wohnhauses der Familie Elsoffer. Beide Gebäudeteile wurden Anfang der 1970er Jahre abgebrochen.

Jüdische Bewohner in Vetters Haus

Samuel Elsoffer verstarb am 4.12.1911. Von seiner Ehefrau Fanny Elsoffer sind keine Daten bekannt.
Die fünf Kinder der Familie Elsoffer:
Jeanette Elsoffer, verh. Sondheimer, * 25.09.1881 verzog nach Naumburg (bez. Cassel), später Frankfurt/Main, Sandweg 42, Ehemann Josef Sondheimer, * 03.12.1858 in Zell/Mosel), Flucht nach Australien ? (siehe Spurensuche).
Waldemar Elsoffer *15.9.1888 verzog nach Dortmund. In Lünen ermordet am 10. Nov. 1938. Waldemar wurde während der Pogromnacht an den Händen mit Draht gefesselt und vom Nazi-Mob in die Lippe getrieben, wo er ertrank. Er war verheiratet mit Martha Elsoffer, geb. Asser. Ihr Sohn entkommt nach England und emigriert später nach Australien. (Info Yad-Vashem).
Hermine Schuh, geb. Elsoffer (15.11.1883 in Elsoff – 1939 gemeldet in Frankfurt, Sandweg 32, verwitwet, 1942 Deportation von Frankfurt/Main, unbekannter Ort. Siehe Text „Spurensuche“.
Bertha Elsoffer (Foto) *1871 – 1937. Zusammen mit ihrem Bruder Nathan aus Elsoff abgeholt im Sommer 1937. Sie verstarb 1937 unter unbekannten Umständen in Bielefeld (Lutherstift) und ist dort beerdigt worden.
Nathan Elsoffer (Foto) *2. Feb. 1874 – 25. Aug.1942 (Ermordet im Todeslager Maly Trostenic südöstl. Minsk). Aus den Akten: Das Wohnungs- und Verpflegungsrecht wird am 12.9.1939 im Grundbuch gelöscht, „da ein Wohnungs- und Verpflegungsrecht für einen Juden von einem einem Deutschen gehörenden Grundstück nicht zugelassen werden kann.“

Das Foto zeigt die körperlich behinderte und pflegebedürftige Bertha Elsoffer und ihren geistig behinderten Bruder Nathan Elsoffer, der aus Gewohnheit immer sein Pfeifchen in der Hand hielt, welches er kalt rauchte. Hier sitzen sie noch friedlich vor ihrem Haus in Elsoff zu Beginn der 1930er Jahre. Die Pflege der Geschwister wurde seit 1921 von christlichen Nachbarn durchgeführt. Ein Zeitzeuge erinnert sich, wie das Geschwisterpaar „im Sommer 1937 von einer schwarzen Limousine aus ihrem Haus in Elsoff abgeholt und nach Bielefeld verbracht wurde.“

Spurensuche

Ergebnis einer Anfrage beim Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden im Jahr 2010 (Ausschnitt):
/…/ zu Hermine Schuh geb. E l s o f f e r (* 15.11.1883 in Elsoff/Wittgenstein) konnte im Hessischen Hauptstaatsarchiv lediglich eine – nur sechs Blatt umfassende – Akte der Devisenstelle Frankfurt a.M. aus dem Jahr 1940 festgestellt werden (Archivsignatur: Abt. 519/3 Nr. 7683). Die Akte betrifft die von der Devisenstelle angeordnete Sicherung des Vermögens von Frau Schuh. Inhaltlich enthält die Akte ausschließlich Angaben, die Ihnen schon vorliegen, allerdings auch den Vermerk, dass Frau Schuh im Jahr 1942 von Frankfurt a.M. aus deportiert worden ist.
Zu deren Schwester Jeanette Sondheimer geb. E l s o f f e r (* 25.09.1881 in Elsoff/Wittgenstein) und deren Ehemann Josef S o n d h e i m e r (* 03.12.1858 in Zell/Mosel) konnte hier ebenfalls nur eine Akte der Devisenstelle Frankfurt a.M. festgestellt werden (Abt. 519/3 Nr. 15571). Aus ihr geht hervor, dass die Eheleute Sondheimer Anfang 1939 ihre Auswanderung nach Australien betrieben (vorgesehener Abgang des Schiffes am 5. April 1939 in Genua). Aus der Akte geht weiter hervor, dass die Eheleute Sondheimer in Frankfurt a.M., Sandweg 42 (Januar und Februar 1939) bzw. Sternstraße 12 (März 1939), wohnten. Ob es tatsächlich zu der Auswanderung gekommen ist, lässt sich der Akte nicht entnehmen. Allerdings endet die Akte im März 1939, und bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 sind die Eheleute Sondheimer jedenfalls in der Provinz Hessen-Nassau sowie im Volksstaat Hessen nicht erfasst worden, was insgesamt dafür spricht, dass die Auswanderung wirklich erfolgt ist. Ungewöhnlich ist freilich, dass eine Entschädigungsakte zu den Eheleuten Sondheimer im Land Hessen nicht angefallen ist. Dies mag durch ihr vergleichsweise hohes Alter und dadurch zu erklären sein, dass sie kaum vermögend waren. Ich empfehle aber sicherheitshalber eine Anfrage *) an die Bezirksregierung
Düsseldorf (Dezernat 15, Bundeszentralkartei, Postfach 30 08 65, 40408 Düsseldorf), wo festgestellt werden kann, ob und ggf. bei welcher Behörde eine Entschädigungsakte zu den Eheleuten
Sondheimer angefallen ist. /…/.
gez.
Dr. Eichler
*) Die Anfrage bei der BZK in Düsseldorf verlief negativ.

Spendenkonten

Da der Verein die alte Synagoge in der Mauerstraße 44 renovieren will, benötigt er finanzielle Unterstützung (Spendenquittungen werden erstellt).

DE42 4605 3480 0000 2002 87
Sparkasse Wittgenstein

DE16 5139 0000 0050 2129 04
Volksbanken Mittelhessen

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